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OT Cybersecurity Program Setup – Ein Leitfaden zur effektiven Implementierung

Elektroingenieur mit Brille und Schutzhelm, Warnweste und Walkie-Talkie bei der Arbeit im Kontrollraum eines modernen Wärmekraftwerks.

In der heutigen digitalisierten Welt ist die Bedeutung einer soliden Cyber-Security-Strategie für Operational Technology (OT) nicht zu unterschätzen. Mit der zunehmenden Vernetzung industrieller Systeme und Abläufe werden OT-Umgebungen anfälliger für Cyber-Bedrohungen. Der Aufbau eines effektiven OT-Cybersecurity-Programms ist daher unerlässlich, um kritische Infrastrukturen zu schützen. In diesem Blogbeitrag werden wir die Schritte und bewährten Methoden zur Einrichtung eines OT-Cybersecurity-Programms beleuchten.

Die Grundlage: Verstehen von OT Cybersecurity

Bevor Sie mit dem Aufbau eines Cybersecurity Programms für OT beginnen, ist es wichtig, die spezifischen Herausforderungen und Anforderungen der OT-Umgebungen zu verstehen:

  • Sicherheitslücken: OT-Systeme, die ältere Technologien nutzen, können anfällig für Bedrohungen sein, die in der IT-Welt längst bekannt sind.
  • Betriebsfortlauf: Sicherheitsstrategien müssen sicherstellen, dass die Verfügung und Integrität der physikalischen Prozesse in industriellen Anlagen nicht beeinträchtigt werden.
  • Interoperabilität: Integrationsanforderungen zwischen IT und OT machen es notwendig, dass Sicherheitsmaßnahmen diese Schnittstellen berücksichtigen.

Der Prozess zur Einrichtung eines OT-Cybersecurity-Programms

 

Schritt 1: Aufsetzen einen OT Cybersecurity Governance

Der erste Schritt bei der Einrichtung eines OT-Cybersecurity-Programms besteht darin, die Organisation zu etablieren und eine Gesamtverantwortung an eine Person oder ein Team zu übergeben.

  • Identifikation relevanter Stakeholder: Bestimmen Sie, wer aktiv an der Entscheidungsfindung im Projekt oder Programm beteiligt ist, wer regelmäßig informiert werden muss und wie die Berichts- und Kommunikationswege gestaltet sind. Klären Sie zudem, wer für die übergeordnete Strategie verantwortlich ist.
  • Aufbau einer klaren Projekt- oder Programmstruktur: Legen Sie fest, welche Rollen im Team vertreten sind (z.B. Architekt:innen, GRC-Team, Projektmanagement). Definieren Sie die organisatorische Struktur sowie die Dokumentations- und Ablagekonventionen.

 

Schritt 2: Identifikation von Assets

Der zweite Schritt eines OT-Cybersecurity-Programms besteht darin, seine Systeme, Netzwerke und Komponenten zu identifizieren und den Anwendungen sowie deren Abhängigkeiten zu erkennen.

  • Anwendungsanalyse:
    Identifizieren Sie die im Einsatz befindlichen Anwendungen (z. B. Produktionssysteme) sowie deren wechselseitige Abhängigkeiten. Ein typisches Beispiel: Wird ein Bauteil in Produktionssystem #1 gefertigt und anschließend in Produktionssystem #2 weiterverarbeitet, führt ein Ausfall von System #1 zwangsläufig auch zu einem Stillstand von System #2. Solche Abhängigkeiten sind kritisch für die Risiko- und Impact-Bewertung.
  • Netzwork Discovery: Ermitteln Sie systematisch, welche Netzwerke im OT-Umfeld vorhanden sind. Nur wenn alle Netzsegmente bekannt und dokumentiert sind, ist es möglich, OT- und IT-Assets gezielt zu identifizieren, zuzuordnen und vollständig zu erfassen.
  • Asset Discovery: Erheben Sie, welche OT- und IT-Assets in den identifizierten Netzwerken angebunden sind und wie diese miteinander kommunizieren. Dabei sind detaillierte Informationen zu erfassen, z. B. Eingesetzte Software- und Firmware-Versionen, Gerätehersteller und -modell, sowie Aktivierte bzw. deaktivierte Funktionen. Diese Erhebung sollte umfassend und präzise erfolgen, um ein vollständiges und belastbares Bild der Systemlandschaft zu erhalten.
  • Zentrales Netzwerk- und Asset-Management:
    Etablieren Sie eine zentrale Instanz für die Verwaltung und Dokumentation aller OT- und IT-Assets. Diese sollte in der Lage sein, alle Komponenten einschließlich Steuerungssystemen, Sensoren und der Kommunikationsinfrastruktur zu inventarisieren und deren Beziehungen zueinander transparent darzustellen.

 

Schritt 3 und 4: Risikoanalyse und Bewertung

Der dritte und viere Schritt bei der Einrichtung eines OT-Cybersecurity-Programms besteht darin, die spezifischen Risiken und Auswirkungen Ihrer OT-Umgebung zu bewerten.

  • Bewertung der Assets im Rahmen der Business Impact Analysis (BIA):  Analysieren Sie die geschäftlichen Auswirkungen eines Systemausfalls. Die BIA prognostiziert die Folgen potenzieller Unterbrechungen und liefert wesentliche Informationen zur Entwicklung geeigneter Wiederanlauf- und Wiederherstellungsstrategien. Dabei sind insbesondere kritische Abhängigkeiten und potenzielle Ausfallrisiken zu berücksichtigen. Mögliche Schadensszenarien sollten im Vorfeld im Rahmen einer Risikoanalyse identifiziert werden.
  • Bewertung von Assets im Rahmen der Risikobewertung (Risk Assessment): Das Risk Assessment dient der Identifikation, Analyse und Bewertung potenzieller Gefährdungen für OT- und IT-Assets. Ziel ist es, zu verstehen, was passieren kann, wenn bestimmte Bedrohungen eintreten. Dabei müssen eine Vielzahl potenzieller Risiken berücksichtigt und unterschiedliche Szenarien modelliert werden, um fundierte Schutzmaßnahmen abzuleiten.
  • Bedrohungs- und Schwachstellenanalyse: Ermitteln und analysieren Sie systematisch potenzielle Bedrohungen sowie bestehende Schwachstellen. Dabei ist es entscheidend zu verstehen, auf welchen Wegen und mit welchen Mitteln ein Angriff erfolgen könnte, um geeignete technische und organisatorische Gegenmaßnahmen entwickeln zu können.

 

Schritt 5 und 6: Entwicklung einer Cybersecurity-Strategie

Basierend auf der Risikoanalyse erfolgt die Umsetzung der Cybersecurity-Strategie.

People / Organisation: Basierend auf den Ergebnissen aus BIA und Risk Assessment kann eine Anpassung der Organisationsstruktur erforderlich sein. Dazu zählen die Definition neuer Funktionen, die Anpassung von Rollen und Verantwortlichkeiten sowie gegebenenfalls die Rekrutierung zusätzlicher Fachkräfte. Auch Trainings- und Awareness-Maßnahmen sind integraler Bestandteil – inklusive regelmäßiger Cybersecurity-Schulungen und Übungen mit simulierten Angriffsszenarien zur Vorbereitung auf Sicherheitsvorfälle.

Process: Die relevanten Abläufe und Schnittstellen zwischen Organisationseinheiten müssen dokumentiert und abgestimmt werden. Dabei ist insbesondere festzulegen, wie technologische Maßnahmen im täglichen Betrieb integriert und gesteuert werden. Prozessklarheit ist Voraussetzung für eine konsistente und überprüfbare Umsetzung von Sicherheitsanforderungen.

Technology: Dokumentieren Sie die Prozesse in Ihrer OT-Umgebung und identifizieren Sie Sicherheitsanforderungen für jede Phase.

  • Netzwerksicherheit: Mitarbeiter sollten Firewalls, Intrusion Detection/Prevention Systeme (IDS/IPS) und segmentierte Netzwerke für OT verwenden, um den Zugriff zu kontrollieren.
  • Zugriffskontrollmaßnahmen: Implementieren Sie rollenbasierte Zugriffskontrollen (RBAC) und Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA), um unbefugten Zugriff auf Systeme zu verhindern.
  • Endgerätesicherheit: Sichern Sie Endgeräte, die in OT-Umgebungen verwendet werden, durch Patch-Management und Sicherheitsupdates.

 

Schritt 7: Implementierung von Sicherheitskontrollen

Ausgehend von der technischen und organisatorischen Implementierung von OT-Cybersecurity-Maßnahmen folgt die Phase der kontinuierlichen Überwachung und der Vorbereitung auf Sicherheitsvorfälle, um im Ernstfall schnell und gezielt reagieren zu können.

  • Monitoring: Implementieren Sie Sicherheitsüberwachungslösungen, um ungewöhnliche Aktivitäten im OT-Netzwerk in Echtzeit zu erfassen. Analog zur IT-Welt senden OT-Komponenten Ereignisdaten an ein zentrales System (z.B. SIEM – Security Information and Event Management), das diese Informationen korreliert, Anomalien erkennt und automatisiert oder manuell eingeleitete Gegenmaßnahmen ermöglicht.
  • Incident Response Team: Etablieren Sie ein spezialisiertes Incident-Response-Team mit klar definierten Rollen, Verantwortlichkeiten und Kommunikationswegen, um auf erkannte Sicherheitsvorfälle schnell und koordiniert reagieren zu können.
  • Reporting-Mechanismen: Entwickeln Sie standardisierte Protokolle zur Erfassung, Dokumentation und Nachverfolgung von Sicherheitsvorfällen. Eine konsistente Berichterstattung ist essenziell für Ursachenanalysen, regulatorische Anforderungen und kontinuierliche Verbesserung.

Herausforderungen bei der Einrichtung eines OT-Cybersecurity-Programms

Die Implementierung eines OT-Cybersecurity-Programms bringt verschiedene Herausforderungen mit sich:

  • Technologische Altlasten: Viele OT-Systeme wurden ursprünglich ohne Sicherheits- oder Netzwerkanforderungen konzipiert. Ihre Absicherung im laufenden Betrieb ist technisch anspruchsvoll und häufig nur eingeschränkt möglich.
  • Budgetierung: Die Notwendigkeit umfassender Investitionen in Sicherheitstechnologien und -prozesse trifft oft auf Zurückhaltung bei Budgetverantwortlichen. Der Business Case für Cybersicherheit muss klar und überzeugend kommuniziert werden.
  • Mangelnde Expertise: Es mangelt an qualifizierten Expert:innen mit spezifischem Know-how in OT-Cybersecurity. Der Aufbau von internem Wissen sowie gezielte externe Unterstützung sind daher essenziell.

Erfolgsfaktoren und Best Practices

Zur Sicherstellung eines erfolgreichen OT-Cybersecurity-Programms sollten die folgenden Best Practices berücksichtigt werden:

  • Agile Anpassungen: Gestalten Sie Ihr Sicherheitsprogramm flexibel, um auf neue Bedrohungslagen, technologische Veränderungen und regulatorische Anforderungen schnell reagieren zu können.
  • Regelmäßige Audits und Evaluierungen: Führen Sie kontinuierlich Audits, Tests und Wirksamkeitsprüfungen durch, um Sicherheitslücken frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen gezielt weiterzuentwickeln.
  • Stakeholder-Engagement: Beziehen Sie interne Fachbereiche (z. B. Produktion, IT, Compliance) sowie externe Partner frühzeitig ein. Nur mit einer ganzheitlichen Perspektive lassen sich tragfähige und akzeptierte Sicherheitslösungen entwickeln.

Fazit

Der Aufbau eines effektiven OT-Cybersecurity-Programms ist eine zwingende Notwendigkeit für Unternehmen, die kritische Infrastrukturen betreiben. Durch die systematische Durchführung der oben genannten Schritte und die Berücksichtigung bewährter Methoden können Organisationen ihre Cyber-Sicherheit erheblich verbessern und sich besser vor den wachsenden Bedrohungen der digitalen Welt schützen. In den kommenden Blogbeiträgen werden wir spezifischere Themen und Fallstudien beleuchten, um das Verständnis für OT Cybersecurity weiter zu vertiefen. Bleiben Sie dran!

Autor

Rainer Bäder

Senior Buisness Development Manager

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